Wieso wir weiterkämpfen müssen – Ein Kommentar zum 14. Juni

Mitten in Kriegen, Kreisen, Diskussionen um Männlichkeit und einem dritten Geschlechtseintrag fand am 14. Juni ein weiteres Mal der feministische Streik statt und zeigte einmal mehr, wie wichtig der Kampf um Gleichstellung nach wie vor ist.

Auch dieses Jahr waren wieder rund 35’000 Menschen nur in Bern auf der Strasse und streikten für die Gleichstellung. Und so harmlos dieses «Frauenthema» für einige klingen mag, so ernst ist es in der Realität. Denn es geht nicht nur um «ein bisschen mehr Geld», es geht um die Existenz und Unversehrtheit vieler Menschen. Es geht darum, dass jede fünfte Rentnerin in Armut lebt, dass alle zwei Wochen eine Frau durch ihren Ehemann, Lebensgefährten, Ex-Partner, Bruder oder Sohn getötet oder dass sexualisierte Gewalt auf brutalste Art und Weise als Kriegswaffe eingesetzt wird. Und es geht aber auch darum, dass viele Menschen, weil sie nicht ins binäre System passen, vor dem Rechtssystem schlichtweg nicht existieren oder dass die Suizidrate bei Männern mehr als doppelt so hoch ist als bei Frauen, weil das patriarchale System vor niemandem Halt macht. Dass erklärt entsprechend auch, wieso wir von einem «Kampf» sprechen, weil es das für viele Menschen ist – ein Kampf ums Überleben.

Diese klaren Worte mögen überraschen oder schockieren, doch erscheinen sie Notwendig, wenn die Geschlechterspezifische Gewalt wieder zunimmt und Rechts(extremismus) einen gefährlichen Aufschwung erlebt. Und dabei ist es umso gefährlicher zu sagen, die feministischen Forderungen seien nur eine «Generationenfrage», denn es sind zu grossen Teilen auch junge Menschen, welche konservative Parteien wählen und patriarchale Rollenbilder glorifizieren. Und es wird uns im Moment vor Augen geführt, dass es eben nicht reicht auf die nächste Generation zu warten für den Fortschritt, sondern aktiv gegen Rückschritte ankämpfen müssen. Besonders in der Gleichstellung, wo so viele Errungenschaften noch so jung sind, dass sie leicht angreifbar sind. Man erinnere sich beispielsweise daran, dass die Fristenregelung bei Schwangerschaftsabbrüchen erst 2002, nach fast 10-jährigem Prozess in Kraft gesetzt wurde.

Und das ist der Grund, wieso der 14. Juni in der Schweiz so viele unterschiedliche Menschen mobilisiert und wir auch 33 Jahre nach dem ersten Frauenstreik 1991 mit ähnlichen und gleichen Forderungen auf die Strasse gehen: Weil es um Existenzen geht, um das Recht über den eigenen Körper und das eigne Leben bestimmen zu können und das Recht als Mensch anerkannt und respektier zu werden. Damit die Forderungen aber nicht auch die nächsten 30 Jahre gleich bleiben braucht es Sensibilisierung innerhalb der Partei und innerhalb der Gesellschaft, was fortlaufende Arbeit und insbesondere Zusammenarbeit bedeutet, denn Gleichstellung ist kein «Frauenthema», sie betrifft alle.

Vanessa Bieri & Clara Wyss, Co-Präsidium SP Frauen Kanton Bern

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