Chapeau: Ein neues Kapitel in der Geschichte der SP im Berner Jura.

Anfang Mai wurde im Berner Jura der Regionalverband PS Grand Chasseral gegründet. Es ist ein Meilenstein der Genossinnen und Genossen im frankophonen Teil des Kanton Berns. So sind die Sozialdemokrat:innen im Berner Jura seit den 70er Jahren zum ersten Mal wieder vereint.

Im Vergleich zu den grossen Konflikten, die die heutige Zeit prägen, spielt die Jurafrage keineswegs in der gleichen Liga, das ist klar. Dennoch war die Jurafrage für eine grosse Zahl von Menschen in der Region lange Zeit ein wichtiges Anliegen. Sie war die Quelle von Engagement und Mobilisierung, aber auch von Familienzerrüttung, persönlichen und beruflichen Konflikten und sogar einem oder mehreren Todesfällen. Auch die SP blieb davon nicht verschont und spaltete sich in den 1970er Jahren in zwei Gruppen: die Sozialistische Partei des Berner Juras (PSJB), die dem Kanton Bern treu war, und die Autonome Sozialistische Partei (PSA), die Mitglieder umfasste, welche die Gründung eines neuen Kantons, des Kantons Jura der 1979 die Souveränität erlangte, befürworteten.

So überdauerten die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten im Berner Jura die Jahrzehnte, indem sie in zwei Gruppen gespalten waren. Die Jurafrage wurde später demokratisch gelöst. Den Rahmen bildeten die von den Kantonen Bern und Jura unterzeichnete Absichtserklärung und die Volksabstimmung über die institutionelle Zukunft des Berner Juras und des Juras im Jahr 2013. Anschliessend sorgten die kommunalen Abstimmungen, darunter die Abstimmung in Moutier im Jahr 2017, welche 2021 wiederholt wurde, für eine Entscheidung des Volkes in dieser Frage. Da die Entscheidungen getroffen wurden, erkannten viele Genossinnen und Genossen, dass es nicht sinnvoll war, eine Spaltung fortzusetzen. Daraufhin wurden zwei Gruppierungen gegründet. Die Sektion der PSA Tavannes wurde 2021 zur Plateforme.Socialiste. Kurz darauf wurde die Regionalpartei Ensemble Socialiste gegründet, die zum ersten Mal gewählte Vertreterinnen und Vertreter der PSA, der PSJB und der Plateforme.Socialiste umfasste und bei den Wahlen 2022 ein ermutigendes Ergebnis erzielte.

“Es ist leichter zu zerstören als aufzubauen” lautet ein berühmtes Sprichwort, das sich gut auf die aktuelle Situation übertragen lässt. Nehmen wir das Beispiel einer Vase: Es dauert nur eine Mikrosekunde, bis sie auf den Boden fällt und in tausend Stücke zerbricht. Das Gefäss wieder aufzubauen, erfordert viel mehr Zeit. Man muss Stücke finden, die eine gemeinsame Vision haben: die Funktion von früher wiederzuerlangen, wieder ein grosser Topf zu werden, der viel Wasser fassen kann. Diese Stücke müssen bereit sein, sich mit den benachbarten Stücken zu verbinden, auch wenn diese nicht genau die gleiche Form oder Farbe haben. Es braucht einen starken Kitt, einen Willen, ein Engagement und vor allem Vertrauen.

Das haben die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten im Berner Jura in den letzten Jahren getan. Wir haben viele Stücke gefunden, die sich wieder zusammenfügen wollen, die wieder gemeinsam ein Gefäss, eine Partei werden wollen! Diese Stücke sind all die Personen, die an der Gründung der SP Grand Chasseral gearbeitet haben. Diese Personen, die trotz des Gegenwinds weitergemacht haben, weil sie davon überzeugt waren, dass wir gemeinsam stärker sind. Dass wir gemeinsam das hervorheben wollen, was uns vereint und nicht das, was unsere Genossinnen und Genossen vor 50 Jahren trennte.  Gemeinsam senden wir eine starke Botschaft der Hoffnung und schaffen einen neuen Schwung, eine neue Dynamik für den Sozialismus im Berner Jura.

Und die Bevölkerung braucht es, heute noch mehr als früher. Bei all dem Druck, dem die Menschen tagtäglich ausgesetzt sind – steigende Lebensmittelkosten, Krankenkassenprämien, Mieten, Kürzungen bei den öffentlichen Leistungen – ist es an der Zeit, unser Engagement für mehr soziale Gerechtigkeit zu bündeln! Die allgemeine Blindheit gegenüber den Realitäten im Umwelt- und Klimabereich erfordert, dass wir heute konkrete Lösungen für den ökologischen Übergang finden. Lösungen, die die Vermögensungleichheiten verringern, sonst fahren wir gegen die Wand! Und die Spuren des toxischen Patriarchats prägen weiterhin unsere Gesellschaft, umso mehr in einer peri-urbanen Region wie dem Berner Jura. Es sind diese Kämpfe, die die Genossinnen und Genossen zusammenbringen. Und mit dem neuen Regionalverband der SP Grand Chasseral haben wir eine wunderschöne, bunte und solide Vase, um die Aufgaben in genau diesen Kämpfen zu erfüllen.

Maurane Riesen, Co-Präsidentin Regionalverband Grand Chasseral und Grossrätin

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