Nach zwölf Jahren ist Simonetta Sommaruga unerwartet aus dem Bundesrat zurückgetreten. Eine persönliche Würdigung der langjährigen Arbeit der Bernerin im Bundeshaus.
Sie war immer da. Doch nun ist Bundesrätin Sommaruga auf einmal Vergangenheit. Sie ist jetzt einfach wieder Simonetta. Klar, das ist sie auch die ganze Zeit über in diesem hohen Amt geblieben, welches einem aber auch wirklich Alles abverlangt. Insbesondere im sicher anspruchsvollsten Moment ihrer Amtszeit, als die erste Bernerin in der Landesregierung entscheiden musste, das Amt aufgrund eines familiären Schicksalsschlags früher als geplant niederzulegen. Simonetta hat sich in dieser Situation dafür entschieden, für ihren Mann und die Familie da zu sein.
Dass die Bundesrätin, Ständerätin, Nationalrätin, Gemeinderätin und Konsumentenschützerin einmal nicht mehr da sein würde: unvorstellbar. Dann musste sich Simonetta innert Tagen entscheiden, ist sich dabei treu geblieben und hat diesen schwierigen Beschluss schliesslich mit grosser Professionalität und vor allem auch mit Empathie durchgezogen. Das verdient besonders grossen Dank und Respekt.
Wie mir dürfte es darum vielen gehen. War doch die Politikerin Sommaruga immer schon da. Sie war beispielsweise eine der ersten Personen, die ich als 19-Jährige mit Überzeugung wählen durfte. Auch mit meiner Stimme wurde die damals engagierte Nationalrätin und Konsumentenschützerin erste Berner SP-Ständerätin. Als ich in jener Zeit begann, mich selber politisch zu engagieren, war sie ebenfalls bereits da. Bei einer der ersten Begegnungen sagte mir Simonetta an einem Stand in Burgdorf dann den Satz, den ich nie vergessen werde: «Wahlkampf ist Erntezeit». Merci, Simonetta, für deine Saat und auch für all deine eingefahrenen Ernten. Und ich freue mich bereits jetzt auf all die geschenkten Begegnungen im laufenden Wahljahr – mit Genossinnen, Wählern und der politischen Konkurrenz.
Die Politikerin Sommaruga hat aber auch Sätze gesagt wie: «Wenn man sich zu sehr schützt, bekommt man eine dicke Haut. Und das will ich nicht, ich möchte verletzlich bleiben.» Merci, Simonetta, für deine breiten Schultern. Und merci für deine Sensitivität und Empathie, die wir immer wieder spürten und die es in der Politik ebenfalls braucht.
Merci auch für all die unter der Bundeshauskuppel gegenseitig zugespielten „Bälle“, Bedenken und Chancen. Und überhaupt Merci für deine Offenheit und dein Interesse – an den Bürgerinnen vor dem Coop, den Genossen im Sääli, an der Fraktion oder gegenteiligen politischen Ideen.
Deine grossen politischen Erfolge sind längst gewürdigt worden und muss ich nicht wiederholen. Aber werden diese mit dir nun ebenfalls verschwinden? Ich hoffe nicht und bin mir sicher, dass deine riesige Arbeit sowie deine Art, Offenheit und Beharrlichkeit mit politischem Schaffen zu verbinden, uns noch lange Vorbild bleibt. Das hilft, den Verlust der Bundesrätin Sommaruga etwas zu verdauen. Eines verspreche ich dir: Wir bleiben dran und kämpfen weiter für die Gleichstellung, aber auch für den dringend nötigen Ausbau der einheimischen erneuerbaren Energien und für einen griffigen Klimaschutz.
Jetzt, wo du zum ersten Mal an einer Session oder in einer Kommissionssitzung fernbleibst, wird erst recht bewusst, was fehlt. Gleichzeitig lässt das aber auch erahnen, wie viel Zeit und Energie du nun hast für deinen neuen Lebensabschnitt. Ich wünsche dir, deinem Mann, deiner Familie von Herzen alles Gute!
Nadine Masshardt, Nationalrätin, Vize-Präsidentin der SP Bundeshausfraktion, Präsidentin des Konsumentenschutzes und der Energie-Stiftung